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    Gesetzliche Rente

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    Gesetzliche Rente | 17.4.2014 Drucken

    Ein neuer Ersatz für alte Ersatzraten

    Wenn über Rentenreformen diskutiert wird, kommt immer auch der Begriff „Rentenniveau“ ins Spiel.

    Häufig mit der Forderung verknüpft, wieder zu den alten Rentenniveaus zurückzukehren, die vor der Einführung des Riester- und Nachhaltigkeitsfaktors in der Rentenformel herrschten. Was sich genau hinter dem Begriff „Rentenniveau“ verbirgt und wie er zustande kommt, bleibt aber oftmals im Dunklen.

    Doch nicht nur das: Eine Untersuchung des Munich Center for the Economics of Aging (MEA) am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, die kürzlich veröffentlicht wurde, zeigt noch ein viel größeres Problem auf. Die angeführten Rentenniveaus sind Ersatzraten, mit denen das Versorgungsniveau von Versicherten und damit die Fähigkeit einer Rentenversicherung zur Lebensstandardsicherung nach Renteneintritt beschrieben werden soll. Die Schwierigkeiten dabei, die auch in der Diskussion für viele Missverständnisse sorgen: Dieses Vorhaben gelingt oft nur in Ansätzen, da meist keine umfassende Betrachtung der gesamten Rentenpopulation vorgenommen wird, sondern nur die Situation des sogenannten Standardrentners zu erkennen ist. Zu diesem Schluss kommen Martin Gasche und Sebastian Kluth vom MEA im Fazit ihrer Untersuchung.

    Der Standardrentner ist in der Praxis eine seltene Spezies

    Der Standardrentner ist eine Hilfskonstruktion in der deutschen Rentenversicherung. Eine für ihn berechnete Ersatzrate beschreibe die tatsächliche Versorgungssituation der Rentner nur unzureichend, geben die beiden Autoren der Studie zu bedenken. Wenn diese Angaben für eine Gruppe unter den Rentnern überhaupt zutreffe, dann für die Gruppe der westdeutschen Männer mit einer weitgehend lückenlosen Erwerbsbiografie. Der Standardrentner mit 45 Jahren durchschnittlichem Lohn ist in der Realität eher eine Seltenheit. Stattdessen sind unterbrochene Erwerbsbiografien und steigende Lohnprofile häufig vorzufinden. Gerade diese Faktoren werden bei der Berechnung von Ersatzraten meist nicht berücksichtigt.

    Die Crux der punktuellen Lohngrößen

    Martin Gasche und Sebastian Kluth haben verschiedene Formen von Ersatzraten durchgerechnet und überprüft. Der Makel der meisten: Sie legen punktuelle Lohngrößen der Berechnung zu Grunde, zum Beispiel den Lohn im letzten Jahr vor dem Rentenbeginn. Da sich aber für die Hälfte der Versicherten, das hat eine lückenlose Auswertung von Rentenzugangsdaten der Deutschen Rentenversicherung gezeigt, für diesen Zeitpunkt gar keine entsprechenden Lohnbezugsgrößen finden lassen, liefern die gängigen Brutto- und Nettoersatzraten nur begrenzte Aussagen über die individuellen Versorgungsniveaus.

    Die Folgen des “Kürzer-Tretens”

    Selbst eine Vorverlegung des Zeitpunktes, zu dem die Lohnbezugsgröße ermittelt wird, hilft nicht viel weiter. So haben die Wissenschaftler alternativ eine Ersatzrate berechnet, die die Rente ins Verhältnis zum Einkommen im Alter von 55 Jahren setzt. Damit sollten Verzerrungen vermieden werden, die durch ein „Kürzer-Treten“ im letzten Jahrzehnt vor Rentenbeginn hervorgerufen werden. Bis zum 55. Lebensjahr, so die Autoren der Studie, lässt sich nämlich bei der Betrachtung der gesamten Erwerbsbiografie ein relativ konstantes Lohnprofil beobachten. Erst danach kommt es häufiger zur Reduzierung der Arbeitszeit oder zur Annahme von weniger anspruchsvoller und schlechter entlohnter Tätigkeit.

    Für ein Drittel keine Berechnung möglich

    Das hat jedoch zur Folge, dass die Ersatzraten relativ hohe und wenig aussagekräftige Werte ergeben, wenn die Berechnungen auf dem letzten Arbeitsjahr vor Rentenbeginn fußen. Außerdem gingen von den Rentnern in der untersuchten Stichprobe tendenziell mehr Menschen mit dem Alter 55 einer regelmäßigen Beschäftigung nach als kurz vor Rentenbeginn. Aber selbst mit dieser Methode konnte immer noch für rund ein Drittel der Zugangsrentner die Ersatzrate nicht ermittelt werden.

    Gesamter Lebenszyklus im Fokus

    Eine lückenlose Auswertung der Gesamtheit einer Rentenzugangskohorte sei daher mit punktuellen Lohnbezugsgrößen nicht möglich, stellten die Studienautoren fest. Daher raten sie wegen der sehr variablen Erwerbsbiografien von den bislang benutzten klassischen Ersatzraten ab. Gleichzeitig unternehmen sie mit ihrer Arbeit den Versuch, eine Lebenszyklusersatzrate zu entwickeln, mit der umfassendere und zuverlässigere Aussagen über den Lohnersatz durch die Gesetzliche Rentenversicherung möglich sind. Ihr Vorschlag: Die Rentenbezüge eines Versicherten sollten in Relation zum beitragspflichtigen, mit der Lohnzuwachsrate des Durchschnittsentgeltes indexierten Durchschnittseinkommens des Versicherten über sein aktives Erwerbsleben betrachtet werden. „Die Lebenszyklusersatzrate berücksichtigt somit sowohl bei den Rentenzahlungen im Zähler als auch bei der Lohngröße im Nenner die gesamte Erwerbsbiografie eines Neurentners“, schreiben die Autoren. Die Ersatzrate sei daher weniger störanfällig gegenüber Einkommensschwankungen, die gerade kurz vor Rentenantritt nicht ungewöhnlich sind. So könnten zum Beispiel Fehlinterpretationen bei Ersatzraten von mehr als 100 Prozent vermieden werden. Außerdem liefere dieses individuelle Rentenniveau wichtige Hinweise auf die absolute Wohlstandsposition des Rentners.

    Frauen im Osten haben die größte Ersatzrate

    Die Lebenszyklusersatzrate ließ sich im Gegensatz zu den anderen Ersatzraten mit Ausnahme von lediglich sieben Fällen für alle Rentner der Stichprobe ermitteln. Damit existiert ein Werkzeug, mit dem tatsächlich für die Gesamtheit der Versicherten das Versorgungsniveau eingeschätzt werden kann. Im Durchschnitt ergab sich eine Rate von 39,3 Prozent. Das bedeutet: Die Rente ersetzt knapp 40 Prozent des während des Erwerbslebens durchschnittlich erzielten realen Bruttoeinkommens. Frauen in Ostdeutschland erreichen mit 44,7 Prozent die höchste Ersatzrate, Frauen in Westdeutschland dagegen mit 37,3 Prozent wegen ihrer im Durchschnitt geringeren Erwerbsdauer die niedrigste. Auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung, so schreiben die Autoren der Studie im Fazit, bestehen noch gravierende Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern.

    Extra-Punkte mit großer Wirkung

    Andererseits profitieren Frauen von nicht auf Beiträgen beruhenden Rentenleistungen, wie zum Beispiel Entgeltpunkten wegen Kindererziehungszeiten und Mindestentgeltpunkten wegen stark unterdurchschnittlicher Einkommen. Das weisen die Wissenschaftler mit dem Vergleich von zwei unterschiedlichen Lebenszyklusersatzraten nach, einmal mit allen erworbenen Entgeltpunkten und einmal mit jenen Entgeltpunkten, die ausschließlich auf Beitragszahlungen beruhen. Die nicht beitragsbezogenen Leistungen der Rentenversicherung verbessern laut Studie das Versorgungsniveau der Frauen, gemessen an der Lebenszyklusersatzrate, immerhin um durchschnittlich 4,5 Prozentpunkte. Bei den Männern beträgt diese Differenz lediglich 0,2 Prozentpunkte.

    Standardrentner wird nicht eingeholt

    Vergleicht man den Durchschnitt aller Versicherten, dann fallen die Ersatzraten in den einzelnen untersuchten Gruppen samt und sonders kleiner aus als die Ersatzrate des eingangs beschriebenen Standardrentners. Allerdings muss dabei beachtet werden, dass in diesen Durchschnitt auch Personen eingehen, für die die Gesetzliche Rente zumindest zeitweise gar keine Versorgungsfunktion hatte, zum Beispiel durch Phasen der Selbständigkeit. Bei Rentnern, die das gesamte Erwerbsleben gesetzlich versichert waren, ähneln die Ersatzraten denen des Standardrentners.

    Gegenläufige Trends zu erwarten

    Die Ersatzrate des Standardrentners wird in den kommenden Jahren wegen der weiteren Absenkung des Rentenniveaus weiter sinken. Das muss aber nicht zwangsläufig auf die Ersatzraten künftiger Rentnerkohorten zutreffen. Steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älterer sowie ein steigendes Renteneintrittsalter bewirken auch gegenläufige Entwicklungen, heben Martin Gasche und Sebastian Kluth hervor. Es gibt also Anzeichen, dass sich die Lücke zwischen der Ersatzrate einzelner Versichertengruppen und der Rate des Standardrentners in Zukunft schließt. „Aus politischer Sicht ist dies überaus bedeutsam im Hinblick auf die Kommunikation zwischen der Gesetzlichen Rentenversicherung und den Versicherten. Der vielfach erweckte Eindruck eines unvermeidlichen Absinkens der Ersatzrate erweist sich bei näherer Betrachtung als irreführend, da gegenläufige Trends unberücksichtigt bleiben, wenn man nur das Rentenniveau des Standardrentners betrachtet.“ Diese Einschätzung der beiden Wissenschaftler des MEA sollte hin und wieder auch mal in der öffentlichen Diskussion angeführt werden.


    Für die Studie wurden anonymisierte Biografiedaten zu Vollendeten Versichertenleben 2010 (SUVVL2010) des Forschungsdatenzentrums der Deutschen Rentenversicherung ausgewertet. Bei dem Datensatz handelte es sich um eine Zufallsauswahl von Versicherten, die erstmals 2010 eine Rente bezogen. In einem mehrstufigen Selektionsverfahren stand eine Stichprobe mit 24.990 Fällen zur Verfügung. Die einzelnen Datensätze enthielten die komplette Erwerbshistorie und alle Entgeltpunkte der Versicherten seit dem 14. Lebensjahr.


     

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